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Protokoll Bundes-AKC Berlin 17./18.4.2015

Veröffentlicht in Arbeitsgemeinschaften

Wie kann ein gutes Miteinander von Menschen verschiedener Kulturen und Religionen gelingen?

Eine neue Bildungsoffensive in Sachen Religion ist nötig angesichts der Zerrbilder von Religion in den verschiedenen -Ismen. Man muss aber einen eigenen Standpunkt haben, um tolerant sein zu können.

Welche Vielfalt wollen wir – und: Welche fundamentalen Gemeinsamkeiten brauchen wir, um uns nicht zu ertragen, sondern um aktiv und gedeihlich zusammenarbeiten zu können?

Antworten: 

Aydan Özoguz, Staatsministerin

  • für „kulturelle Demut und gegen religiöse Überheblichkeit“
  • keine „intellektuellen Ersatzleistungen“ sondern echte Gespräche
  • “Leben in und mit Widersprüchen“
  • Vielfalt wird nicht geleugnet, sondern „einfach außen vor“ gelassen: wird z.B. die Generation der Gastarbeiter „mitdokumentiert“? (s. Einsamkeit unter den Gastarbeitern, viele nehmen aus Unkenntnis nicht am Gesundheitssystem teil!)
  • „wir brauchen eine inklusive Sprache“ (in D ist z.B. Migration negativ konnotiert!)
  • statt Diskussion über Defizite sind wir gefordert, eine „zukunftsfähige Gesellschaft“ zu bilden, die für 81 Mill. Menschen Zukunft entwirft

Prof. Forst, Frankfurt

  • Was heißt Toleranz? (Goethe: dulden heißt beleidigen; Kant: Toleranz ist eine hochmütige Haltung) – Momente der Integration, nicht der Desintegration; Versprechen, mit Unterschieden leben zu können, ohne sie lösen zu können; Vielfalt in demokratischer Toleranz anstreben & Prinzip der Gerechtigkeit; Toleranz ist nicht Indifferenz
  • Philosophische Begriffsanalyse:
  1. Ablehnung: Ich toleriere, was ich eigentlich ablehne.
  2. Akzeptanz: Ich weiß, dass ich etwas ablehne, aber ich akzeptiere es trotzdem.
  3. Zurückweisung: eine Grenzziehung – aber „mit erhöhtem Rechtfertigungsniveau“

            Ein religiöser Grund kann ein guter Grund sein für eine Ablehnung (z.B.             Kopftuch), aber nicht für die Zurückweisung.

  • Der Begriff der Toleranz beinhaltet „keine eigenständige Tugend“.
  • Es gibt nur einen Toleranzbegriff, aber viele Interpretationen und Konzepte:
  1. die Erlaubniskonzeption (Beispiel Edikt von Nantes, 1598): sie gibt keine Rechte, sondern räumt Möglichkeiten ein (Judenschutzbriefe für Bürger 2. Klasse)
  2. die Respektkonzeption kennt Normen, die für alle teilbar und zustimmungsfähig sind; es ist eine „Tugend von Bürgern zu einander“ und Grundlage des demokratischen Diskurses (z.B. auch eine Minorität hat das Recht, Kirchen zu bauen).

                        Dieser Toleranzbegriff ist eine Bürde: er hilft eigentlich nicht                                     weiter. Um als Integrationsmovens wirken zu können, müssen                                     andere Begriffe dazu kommen, z.B. Begriffe von Gerechtigkeit oder                         Fairness, die als moralische Überzeugungen eine lange Geschichte                         religiöser Auseinandersetzungen mit einer religiösen und einer                         religionskritischen Wurzel haben (Bayle!).

            Um Ablehnung zu rechtfertigen, muss ich mich fragen: Ist meine Ablehnung so stark, dass sie in eine Rechtsform gegossen werden kann, dass sie Grundlage eines allgemeinen Gesetzes wird? Z.B. Burka-Verbot  wegen Verletzung des Grundsatzes der Gleichheit der Geschlechter, herausgebildet als „visuelle demokratische Kultur“. Aber: Wer hat die Deutungshoheit oder: gibt es Deutungsvielfalt? – An welcher Stelle ist die             Demokratie gefährdet? (Die Burka z.B. ist eine „Welt“, nicht nur ein  Kleidungsstück. – Das Problem dominanter Gruppen in einer diversity!)

            Toleranz ist nicht immer die Antwort auf Intoleranz, z.B. beim Rassismus:             wir wollen keine toleranten Rassisten, sondern gar keine Rassisten!

            Anspruch an eine Religion: sie muss selbst-reflexiv sein. Vernunft ist das             Medium, um eine gemeinsame Sprache sprechen zu können. Sie verpflichtet zu einer ethischen Diskussion.

Prof. Markschies, Berlin, über den Beitrag der Religionen zu einem guten Zusammenleben

  • Sie müssen sich und die Anderen bilden und aufklären (Religionswissenschaft sollte im Theologiestudium kein Beifach sein).
  • Sie müssen die Fundamentalismen „einhegen“ (keine Ketzerhüte verteilen!).
  • Es gilt, die Pluralismusfähigkeit der eigenen Religion zu entdecken, nicht als ein Fünklein des 20. Jhdts., sondern als tragende Struktur von Anfang an.
  • Sie sollen Gemeinsamkeiten entdecken, „konvivenzfähige“ Regeln einüben, damit das Zusammenleben organisiert werden kann.
  • Die Institutionen müssen mit „aufgeklärter Religion gefüllt“ werden (z.B. runde Tische der Religionen in schwierigen Stadtvierteln).

Prof. Behr, Erziehungswissenschaften, Frankfurt

  • islamischer Religionsunterricht soll als res mixta etwas abwerfen für die Solidargemeinschaft; in vielen Fällen fehlt nämlich eine „religiöse Grundalphabetisierung“
  • gefragt sind zunächst nicht die überfachlichen Kompetenzen, sondern die Stärkung muslimischer Identität (eine „Dauerbaustelle“!) als „sittlich-moralischer Prägekraft“
  • 3 Diskurshorizonte des islamischen Religionsunterrichtes: Die Verhältnisbestimmung von Subjekt und Kollektiv, von Tradition und Individualität (theologische Normativität neu entdecken und formulieren!), von Text und Geist (den Koran „zur Sprache bringen“, Mut zur „Entschleierung“, sich nicht hinter dem Koran verstecken!)

Kerstin Griese, MdB

  • Der Staat garantiert die grundsätzliche Religionsfreiheit.
  • Seine „fördernde Neutralität“ fordert zum Diskurs auf; er schafft Orte der Begegnung, wo sich Bindekräfte entfalten können, er organisiert Verständigung und ist Ansprechpartner (z.B. Islamkonferenz), er schafft gesetzliche Regelungen und schreitet bei Missbrauch der Religion ein.
  • Pro bekenntnisorientiertem Religionsunterricht: es gilt, das „prophetische Potenzial der Religion“, kompetent vermittelt, zu entdecken. Reflexionsfähigkeit ist nicht an ein Schulfach gebunden!
  • Es stellt sich die Frage nach der „Modernefähigkeit“ des Islam; man darf der Frage nicht ausweichen, welche Normen wir wollen! Verfassungspatriotismus mit dem jeweiligen Glauben leben!
  • Behr: Aber auch: der Beitrag des islamischen Religionsunterrichtes ist nicht primär als Dienstleistung für die Muslime zu verstehen, sondern er befreit aus einem „religiösen Narzismus“, wenn man fragt: Was haben wir als Muslime der Gesellschaft zu bieten? ( Behr: kein Islam wie eine Schultüte: unten spitz, oben hohl und in der Mitte ungesund für die Zähne!). Vereine und Gruppen, die in die politische Mitverantwortung einbezogen sind, verändern sich.

 

 

Angela Madaus                                                                                          20.4.2015

 

 

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